Für heute hatte ich eine größere Fahrradtour geplant - das Stück, wo die Donau, von Westen kommend, nach Süden abknickt, das sogenannte Donauknie. Gegen 7:00 Uhr stand ich auf und bepackte das Rad, schon um 8:30 Uhr fuhr ich los. Was mich schon gestern abend fasziniert hatte, sah ich mir heute richtig an. Die Basilika hatte geöffnet, und ich blieb dort eine ganze Weile in der riesigen Kuppelhalle, die sehr schön ausgemalt ist. Für eine geringe Gebühr konnte ich den Turm besteigen, die Treppen nach oben schienen schier endlos, es ging in mehreren Etappen und über Wendeltreppen bis in den Raum zwischen Kuppel und Kuppeldach, wo richtiggehend gruselige Echos funktionierten. Draußen um die Kuppel herum führt eine schmale Brüstung mit Metallgeländer, und ich blieb dort oben ein Stück und genoss die Aussicht.
Wieder unten angekommen, setzte ich mich auf eine Bank und rekapitulierte die vergangenen Tage, schrieb auf, was mir in Erinnerung geblieben war.
Gegen 12:00 kehrte ich Esztergom den Rücken und radelte die Donau entlang Richtung Vishegrad. Vor Butanatvölgi war es noch ein wirklich schöner Radweg, vorbei an verwilderten Feldern mit Kürbissen und an Obstplantagen.
Dann versuchte ich weiter, parallel der Straße auf einem kleinen Weg zu fahren, der aber bald im Gestrüpp endete. Das Hochwasser hatte auch hier seine zerstörerischen Spuren hinterlassen. Es war dort gar nicht einfach, wieder auf die Straße zu kommen, eine steile Böschung hinauf, aber zurück wollte ich auch nicht und ich fluchte ganz schön, ehe ich dann oben war und das Rad mit Gepäck über die Leitplanke gehoben hatte.
In Pilismarot wollte ich mir etwas zu Essen kaufen, aber so recht wollte mir nichts gefallen an dem, was die Einkaufsstelle so zu bieten hatte. Ich begnügte mich mit Eis und Keksen.
15:00 Uhr kam ich in Vishegrad an, das schon von weitem mit seiner Burgruine hoch auf dem Berg auffällt. Hier verlief die Grenze des Römischen Reiches, der Limes, es war wohl einmal ein sehr wichtiger Ort, an dem auch einmal ein Namensvetter, ein König Matthias, residierte. Meine Laune war nicht besonders gut, und so scheute ich auch den Aufstieg, der sicher lange gedauert hätte.
Weiter ging es, noch etwas die Donau entlang, und dann setzte ich mit der Fähre auf die große, langgestreckte Donauinsel über, die die Donau hier in zwei Hälften teilt. Auf der Insel fuhr ich eine längere Strecke durch eine schöne Gegend, bog dann in Tahitotfalu nach links ab Richtung Vac. Zunehmend machte sich mein Rücken und mein Sitzfleisch bemerkbar, ich bin eben nicht mehr richtig im Training. Aber noch lag die Hälfte des Weges vor mir. Um nach Vac zu kommen, nahm ich wieder eine Fähre über den anderen Donauarm, so gegen 17:15 Uhr. Ab Vac führten, mit ein paar Unterbrechungen, schöne Radwege die Donau entlang - es war eine gute Erleichterung, da machte das Fahren wieder mehr Spaß als auf der Straße.
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Gegen 20:00 Uhr erreichte ich Szob. Hier wurde es abenteuerlich, denn ich verpasste die letzte Fähre um etwa 10 Minuten. Vor mir lag die slowakische Grenze, der nächste erreichbare Grenzübergang wäre zu weit weg gewesen, im Norden, bei Sahy. Ich hatte übersehen, dass in Szob kein Grenzübergang ist und gedacht, ich könnte dann bis Esztergom radeln und über die dortige Brücke kommen. So ist es, wenn man nicht genau plant und im fremden Land auf spätabendliche Verkehrsverbindungen vertraut - hier wäre es mir fast sehr unangenehm geworden, allein und hungrig auf der falschen Donauseite.
An der Fährstation gab man mir den Tipp, es am Bahnhof zu versuchen - ansonsten hätte ich im nächsten Ort übernachten müssen. Darauf hatte ich nun wirklich keine Lust - ich wollte ja auch preiswert leben und nicht doppelt für die Nacht zahlen, vor allem nicht für ein Hotel. Am Bahnhof dann hatte ich einige Verständigungsprobleme, bekam aber heraus, dass zwar Züge nach Sturovo (die Stadt gegenüber Esztergom) fahren, aber die mit Radabteil alle schon weg wären. Es hieß dann, ich könne trotzdem versuchen, mit einem Express-Zug mitzukommen, wenn der Zugführer es erlaube. Es wäre auch noch die Möglichkeit gewesen, über Budapest nach Esztergom zu fahren - da wäre ich dann so etwa nachts um 1:00 Uhr angekommen und hätte das ganze Donauknie runter und rauf noch mal abgefahren. Also kaufte ich eine Fahrkarte über die Grenze nach Sturovo, aß im Imbiss einen Hamburger der ungarischen Art und wartete bis 21:37 Uhr auf den Zug, der auch noch nur eine Minute Aufenthalt hatte.
Bis dahin war es eine Zitterpartie - dieses lange Warten darauf, ob´s funktioniert oder nicht. Der Zug kam, man schickte mich gleich zum Abteil, in dem die Grenzkontrolle saß, und es ging glatt.
Der Fahrkartenkontrolleur brachte eine weitere Überraschung. Im Bahnhof hatte niemand gewusst, wie mein Fahrrad zu behandeln sei, weil ja im Express normalerweise keines transportiert werden kann. Der Kontrolleur nun wollte eine Fahrradkarte sehen, und als ich wegen des Preises fragte, traf mich gleich wieder der Schlag - 10 Euro und zusätzlich 400 ungarische Forint sollten es sein, für die kurze Strecke von vielleicht 7 km. Kann sein, es lag am Grenzübertritt und Express-Zuschlag oder auch an der Phantasie des Kontrolleurs. Mein Erstaunen erweichte denn auch das Herz des Schaffners, und er meinte mit 1000 Forint sei es getan - ich willigte ein und bekam dann natürlich keine Quittung, und der Schaffner hatte für seine hundertköpfige Familie für den Abend auch was zu Beißen ...
In Sturovo kam ich dann schließlich noch gut über die Brücke und war froh wieder in Ungarn zu sein, das mir doch um vieles freundlicher erscheint als die Slowakei. 23:00 Uhr war ich zurück.
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