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7:00 klngelt der Wecker, und 8:30 Uhr sind wir am Bus verabredet - vorher gibts unten Frühstück, das auf jeden Fall schon mal ein guter Start ist.

Zuerst bekommen wir das Kriegsmuseum zu sehen. Ich stehe ja nicht so auf schreckliche Bilder, aber das Kapitel ist hier an allen Ecken noch so präsent, dass es wohl einfach dazugehört, sich mit den geschichtlichen Entwicklungen und den heute noch zu sehenden Auswirkungen auseinandersetzt. Jedenfalls ziehe ich ab diesem Zeitpunkt andere Parallelen zu den hier gesehenen Bildern, wenn ich in der Stadt einen Versehrten oder durch Agent Orange Verkrüppelten sehe.

Unser Guide hat immer wieder gute Infos über Land und Leute, erzählt auch, wie er selbst hier aufgewachsen ist. Der Mundschutz, den viele Vietnamesen tragen, dient übrigens nicht nur der Abwehr von Abgasen, sondern auch dem blassen Teint, der hier schick ist.
Es gibt eine Zwischenstation, auf der der halbe Bus etwas günstiger als im Hotel Geld tauschen kann.

Nächster Punkt ist ein großer Markt in Chinatown. Wir folgen unserem belautsprecherten Guide durch verwinkelte Budenschluchten, und erst nach 5 Minuten ist er plötzlich verschwunden - kein Wunder bei dem Gewirr. Wir ziehen also auf eigene Faust durch den Markt, zusammen mit einer Frau, deren Mann auch abhanden gekommen ist. Die Gerüche und Warenmengen sind jedenfalls atemberaubend, krass, hardcore.

Nächste Station ist eine Werkstatt-Galerie für kunsthandwerkliche Bilder bis Möbel - alles in einer Technik mit viel Lack gemacht. Ich finde diese Dinge sehr ansprechend, vor allem auch die Einlegearbeiten in Perlmutt. Wir haben zuhause schon ein solches und relatiiv großes Bild, so dass wir gut darauf verzichten können - obwohl Manches schon sehr reizt. Die großen oft mehrteiligen Wandbilder sind für ca. 800 Euro zu haben, aber es gibt auch schon Sachen für etwa 12 Euro. Später, in der Stadt, fallen diese Bilder auch immer wieder auf - oft billiger als in der Werkstatt, aber das ist eigentlich normal.
Es ist gerade Mittagspause, und unser Guide erklärt uns, dass hier 1,5 Stunden üblich sind - eine halbe Stunde fürs Essen, und eine Stunde fürs Schlafen, gleich am Arbeitsplatz, wo Liegen aufgeklappt werden. Vieleicht erklärt sich jetzt das Geheimnis, warum die Vietnamesen oft so jung wirken...

Weiter geht es ins Zentrum mit Präsidentenpalast, Notre-Dame-Kirche, der Hauptpost , dem Rathaus, dem Opernhaus (alles aus der französichen Kolonialzeit) und einigen Wolkenkratzern. Zum Abschluss gibts in einem Laden eine Kaffee-Kostprobe und ein paar andere leckere Sachen zum Probieren - im Unterschied zu China wird man bei solchen Aktionen aber nicht bedrängt, unbedingt etwas kaufen zu müssen - die Leute kaufen trotzdem ;-) wir auch. Obwohl es teuer ist ;-)

Nachdem wir im Hotel so um 15 Uhr geduscht haben und ich erst mal wieder der Schlafsucht nachgeben musste, starten wir gegen 18:30 Uhr zum zweiten Anlauf - Musikinstrumentensuche mit verschärften Mitteln. Ich habe eine Adresse, die am vielversprechendsten erscheint, und damit entern wir ein Taxi. Obwohl ich die Adresse aus dem Internet kopiert und schon zuhause ausgedruckt habe, ist der Taxifahrer irgendwie überfordert und fragt noch zwei Mal nach. Dann gehts los. Es heißt, Taxis sind billig - und ich beobachte den Taxameter anfangs noch ganz interessiert und gelassen. Es gibt da eine Zahl, die schnell an die Millionengrenze stößt, und wenn ich im Kopf umrechne, wird mir Angst und Bange. Ab einer gewissen Höhe, über 15 Euro, beruhige ich mich dann wieder, weil das ja nun nicht so richtig sein kann. Aber gut - wer weiß was hier alles möglich ist. Neben der hochschnellenden Zahl steht eine zweite Zahl, die gemächlich hochzählt - schließlich, am Ende der Fahrt, steht die auf 45, und der Fahrer verlangt 50.000 Dong, etwa 2 Euro, nicht 150 wie nach der höheren Zahl zu schließen aber ich glaube, im anderen Fall hätte ich rebelliert...

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Jedenfalls ist schon klar, als wir in die verdächtige Straße einfahren, dass wir goldrichtig sind - ein Musikinstrumentenladen am nächsten, und als die gesuchte Adresse nicht so recht klar ist, stürze ich einfach in den nächstbesten Laden, in dem ich traditionelle Instrumente hängen sehe, und lasse mir etwas anbieten. Ich bin scharf auf die vietnamesische Form der Kniegeigen - die Nhi oder Dan Co. Ich bekomme so weit mit, dass mir das teuerste Modell vorgeführt wird, das ist geschäftstüchtig - das Teil wird noch etwas zurechtgemacht - Steg drauf und Stimmen, dann spiele ich das Lied vom Mangobaum an, das Bayon zu DDR-Zeiten auf Platte gepresst hatte - und der Verkäufer erkennt das vermutlich auch. Zur Sicherheit lasse ich mir noch eine andere Geige zeigen, die auch etwas billiger ist, und bleibe dann doch beim ersten Instrument. Das hat sehr schöne Einlegearbeiten, einen etwas schlankeren Korpus, und funktioniert eben offensichtlich auch.

Keine Ahnung, ob ich hätte handeln sollen - aber mir erschienen ca. 70 Euro, 1.650.000 Dong ganz passend. Über den weiteren Transport habe ich mir schon Gedanken gemacht - ich hatte extra ein Maßband im Portemoney, mit dem ich die höchstens 80 Zentimeter geprüft habe, das Instrument ist knapp drunter und kann notfalls, wenn ich es nicht als Handgepäck durchbekomme, auch diagonal in den Koffer. Mal sehen - der Bericht dazu kommt dann später.

Nach erfolgreicher Mission schauten wir uns noch ein wenig in der Musikstraße um und schlugen dann einen Bogen durchs Straßengewirr zurück zum Hotel. Für Heike gabs noch frische Brötchen aus dem Backofen für 5000 Dong. Unterwegs nahmen wir öfters die engen Gassen der alten Wohngebiete man läuft und staunt über kleine Lädchen und Familien, die an der Straße essen, man staunt über die Blicke in die Wohnungen und was da so los ist - die Leute spielen miteinander, schlafen auf dem Boden, ein bettlägeriger Opa liegt mit Sauerstoffleitung auf einer Pritsche, Fernsehprogramm läuft, irgendwelche Arten von Wohnwerkstätten sind zu sehen und all so was, das das Leben da ausmacht. Erstaunlich auch, wie die Motorroller durch die engsten Gassen heizen.

20 Uhr sind wir wieder am Hotel, und nach nochmaliger Dusche gehts kurz vor 21 Uhr weiter zum Nachtmarkt, wo für Heike keine gewünschte Mütze, aber eine passende Bauchtasche rausspringt. Auffällig sind die Muslim-Straßenzüge, wo halal-Essen verkauft wird und Kleider mit Schleier und für die Männer Kaftane. Wir überlegen schon, wie es wohl wäre, wenn wir morgen frisch eingekleidet mit Kleid Kopftuch und Kaftan in der Reisegruppe auftauchen...
Schließlich landen wir in einem Straßenrestaurant, in dem wir mit gehacktem Hase und auf Zitronengraßknüppelchen gerolltem Fleisch experimentieren, dazu gibts wieder Bier. Und hier ist es dann auch recht lebendig. Behinderte, Musiker, Blumenverkäufer und Zauberer geben sich die Klinke in die Hand, um von den Umsatzbringern auch noch etwas zu profitieren. Die Musiker sind mir natürlich am liebsten, und die bringen offensichtlich recht unterhaltsame Lieder, was man an den Gästen deutlich ablesen kann. Um uns macht der ganze Zirkus seltsamerweise einen gewissen Bogen, wir kommen kaum in Verlegenheit, das mal zu honorieren.

Gegen 23:30 Uhr laufen wir dann noch kurz um den Block zum Hotel - und hier sitze ich nun und schreibe noch eine ganze Weile.

Die Bilder meiner neugekauften Videokamera bekomme ich übrigens nicht auf den zu alten Laptop - aber vielleicht finde ich noch einen Weg.

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